Untermain aktuell 1/1994


Wo viele wilde Blumen blühen:
Ein paar wichtige Hinweise von Tapio Linderhaus


Möchten Sie Ihren Garten in eine naturnahe Wiese umwandeln?

Eine Blumenwiese ist für viele noch immer der Inbegriff des Sommers und der unberührten Natur. Dabei ist dieses Biotop in Wirklichkeit kein natürlicher Lebenszustand. Erst die großflächige Abholzung und die extensive Bewaldung haben diesen Lebensraum geschaffen.

Natur ist "in", und das ist gut so. Viele wollen mitmachen, auch gut, aber sie wissen oft nicht genau wie, und das ist weniger gut. Schon ein kleiner Spaziergang am Rande der Stadt zeigt, dass der theatralisch wirkende Ein-Baum~Nadelwald und der plastiknahe kurzgeschorene Einheitsrasen nicht mehr hoch in der Gunst der Gärtner stehen. Diese erfreuliche Entwicklung heisst allerdings leider nicht, daß alle unsere Freunde vom grünen Daumen mit dem "Neuen", das ja eigentlich uralt ist, umzugehen verstünden. Schon mancher hat was probiert und ist damit ins Wasser gefallen - das badewannengrosse Feuchtbiotop ist da ein fast wörtlich zu nehmendes Beispiel. Vernünftiger ist es schon, sich eine naturnahe Wiese als Ziel zu stecken - aber einfach ist auch das nicht. Tapio Linderhaus hat darüber im Herbst 1993 einen Untermain-Vortrag gehalten; auf Bitten der Zuhörer hat er hier ein paar Schwerpunkte seiner Ausführungen schriftlich zusammengefasst, die dem Gartenbesitzer im Frühstadium von Reformüberlegungen die Richtung weisen sollen - aber natürlich die Fachliteratur nicht ersetzen!
Wulf Röhnert

Die Blumenwiese gehört zu den artenreichsten Biotopen überhaupt. Weil sie leicht anzulegen ist und praktisch in jedem Garten Platz findet, ist sie ein idealer Beitrag zum Naturschutz.
*   Artenreiche Blumenwiesen entstehen nur auf mageren, also ungedüngten Böden.
*   Man sollte sie nie bewässern und sie sollten an einem Platz angelegt werden, der wenigstens im Verlauf des Sommers täglich mindestens sechs Stunden der Sonne ausgesetzt ist.
*   Haben Sie noch alten Zierrasen auf der vorgesehenen Fläche, dann graben Sie ihn unter. Ist der Fläche dafür zu groß, dann ziehen Sie wenigstens Streifen von doppelter Spatenbreite durch den Rasen. Ideal ist frischer offener Boden, auf dem noch nichts wächst.
*   Verzichten Sie darauf, Steine und ähnliches aus dem Boden zu holen: Solche Störstellen machen Ihre Wiese abwechslungsreicher, denn einige Pflanzen gedeihen an ihnen zwar nicht, aber andere weniger konkurrenzstarke Arten erhalten dadurch überhaupt erst eine Chance.
*   Kaufen Sie Saatgut ohne Gräser - und zudem aus ausschließlich einheimischem Wildblumensamen. Sehen Sie sich die wirklich der Natur überlassenen Ecken in Ihrer Umgebung an, und versuchen Sie, eine ähnliche Wiese zu erhalten. Es ist wenig sinnvoll, viele Spezialitäten zusammenzutragen, die sich dann nur gegenseitig überwuchern und außerdem viel Pflege benötigen.
*   Impfen Sie Ihre Wiese zusätzlich mit Initialzellen, - das sind ca. 20 cm große Ausstiche aus artenreichen Blumenwiesen. Sammeln Sie gezielt Samen von Wildblumen, die Ihnen auffallen. Eine gute Methode kann auch das dünne Überdecken des rohen Bodens mit frischem Mähgut einer Wiese sein: Die Samen fallen aus und gedeihen - vor Austrockung geschützt - unter dem Heu.
*   Denken Sie daran, Frühlingsblüher wie Krokusse oder Winterlinge zu pflanzen. Verzichten Sie auf Tulpen und Narzissen.
*   Mähen Sie ein- bis zweimal im Jahr und entfernen Sie das Mähgut. Günstig dafür ist die Zeit Mitte bis Ende Juli und November bis Dezember. Die Schnitthöhe sollte bei 7 bis 12 cm liegen (höher als bei Rasen!). Und bitte bedenken Sie: Auch Ihre Wiese wird nicht ständig in voller Blüte stehen, aber die Zeit der Samenreife ist wichtig für die Natur.

Tapio Linderhaus

PS.: Haben Sie ein ödes, flaches Garagendach? Kies drauf und die Fetthenne wächst und gedeiht.